Klavierabend am 30. Juni 2013

Teresa Kratzer (18), Klavier, und Rebekka Irion (17), Klavier im Duo mit
Leonard Avelini, Violine, und Julius Engelbach, Klarinette, spielen im Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle. Ausschnitte aus dem Konzert sind auf unserem CD-Album 2 zu hören.

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Sonate a-Moll op. 23 für Klavier und Violine

1 Presto - 2 Andante scherzoso, più allegretto - 3 Allegro molto

Rebekka Irion, Klavier, Leonard Avelini, Violine

Claude Debussy 1862-1918

Première Rhapsodie pour Clarinette et Piano

Francis Poulenc 1899-1963

Sonata pour Clarinette et Piano
1 Allegro tristamente - 2 Romanza - 3 Allegro con fuoco

Rebekka Irion, Klavier, Julius Engelbach, Klarinette

- Pause -

Robert Schumann 1810-1856

Humoreske für Klavier B-Dur op. 20
Einfach - Sehr rasch und leicht - Noch rascher, Erstes Tempo, Wie im Anfang - Hastig - Nach und nach immer lebhafter und stärker - Wie vorher, einfach und zart – Intermezzo, Innig - Sehr lebhaft - Mit einigem Pomp - Zum Beschluss

Igor Strawinsky 1882-1971

Trois Mouvements de Pétrouchka
1 Danse Russe - 2 Chez Pétrouchka - 3 La Semaine Grasse

Teresa Kratzer, Klavier

Rebekka Irion, geboren 1996 in Stuttgart, kam mit fünf Jahren in die Klavierklasse von Monika Giurgiuman an der Stuttgarter Musikschule. 2011 wurde sie dort in die Begabten- und studienvorbereitende Klasse aufgenommen. Seit 2003 nahm Rebekka regelmäßig an den jährlichen Wettbewerben Jugend Musiziert teil und wurde sowohl als Solistin als auch in diversen Ensembles mehrfach mit Landes- und Bundespreisen ausgezeichnet, darunter 2010 zusammen mit Julius Engelbach, Klarinette, mit einem 1. Bundespreis in der Wertung Klavier und ein Blasinstrument.

 

Im Jahr 2012 trat Rebekka bei Jugend musiziert in zwei Wertungen an. In der Duo-Wertung Klavier und ein Streichinstrument errang sie zusammen mit Leonard Avelini, Violine, einen 1. Bundespreis und als Begleiterin von Julius Engelbach in der Wertung Klavierbegleitung einen weiteren 1. Bundespreis mit Höchstpunktzahl und Sonderpreisen des Bärenreiter Verlags und der Deutschen Stiftung Musikleben.

Rebekka besuchte Meisterkurse bei Fedele Antonicelli und Gilhead Mishory. Für das Sommerprogramm 2012 der Idyllwild Arts Academy in Kalifornien erhielt sie ein Stipendium zum Besuch eines Kammermusikkurses. Im Dezember 2012 reiste sie im Rahmen eines von Jugend musiziert und der japanischen Irino-Stiftung geförderten Austauschprogramms nach Japan, verbunden mit Konzertauftritten in und um Tokio als Solistin und als Kammermusikerin.

Parallel zu ihrer Ausbildung am Klavier nimmt sie seit 2007 Bratschenunterricht bei Lydia Bach an der Stuttgarter Musikschule. Sie war Mitglied des Kinderchors der Staatsoper Stuttgart, spielt im Landesjugendorchester Baden-Württemberg Klavier und Viola und ist Mitglied des Schüler-Sinfonie-Orchesters Stuttgart.

Rebekka Irion und Julius Engelbach werden im Jahr 2013 als Kammermusikensemble vom Landesmusikrat Baden-Württemberg gefördert. Beim 50. Bundeswettbewerb Jugend musiziert im Mai 2013 wurde das Duo mit einen 1. Preis ausgezeichnet.

Im Oktober 2013 wird Rebekka mit dem Schüler-Sinfonie-Orchester Stuttgart das Klavierkonzert von Manuel de Falla im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle aufführen. Rebekka ist 2013 Stipendiatin des Jungen Klavierpodiums Werner Haas.

Sie besucht derzeit die 11. Klasse des Fanny-Leicht-Gymnasiums in Stuttgart-Vaihingen und beabsichtigt nach dem Abitur Musik zu studieren.

Leonard Avelini wurde 1996 in Stuttgart geboren. Mit fünf Jahren erhielt er seinen ersten Geigenunterricht bei Claudia Cassel an der Stuttgarter Musikschule. Seit 2006 wird er dort von Ovidiu Abramovici unterrichtet und gehört seit 2009 der Begabten- und studienvorbereitenden Klasse an. Leonard erhielt bei Jugend musiziert zahlreiche 1. Preise, so 2010 einen 1. Bundespreis in der Wertung Violine Solo, 2012 in der Wertung Violine und Klavier mit Rebekka Irion und einen 2. Bundespreis in der Kategorie Besondere Besetzung. 2013 errang er einen 1. Bundespreis mit Höchstpunktzahl in der Wertung Klavierkammermusik zusammen mit der Pianistin Annique Göttler (Stipendiatin des Jungen Klavierpodiums 2012) und Michael Schmitz, Violoncello.

 

Leonard spielt in zahlreichen Orchestern. Seit zwei Jahren ist er Konzertmeister Im Landesjugendorchester Baden-Württemberg. Er besuchte Meisterkurse bei namhaften Geigern im In- und Ausland. Seit 2013 ist er Stipendiat der Rudolf-Eberle-Stiftung. Er spielt eine Violine gebaut um 1800 mit dem Zettel Maline à Paris - Mirecourt, eine Treugabe aus Hamburger Familienbesitz, die ihm die Deutsche Stiftung Musikleben aus dem Deutschen Musikinstrumentenfonds zur Verfügung stellte.

Julius Engelbach, geboren 1996 in Aachen, wird seit 2001 von Markus Kern an der Stuttgarter Musikschule unterrichtet. 2009 wird er in die Begabtenförderung und studienvorbereitende Klasse aufgenommen. Julius besuchte Meisterkurse bei namhaften Klarinettisten, war 2012 Stipendiat der Idyllwild Arts Academy in Kalifornien und der Irino-Stiftung in Japan und konzertierte mit dem Jungen Kammerorchester und dem Ensemble Serenata der Stadt Stuttgart. Julius ist Mitglied im Landesjugendorchester Baden-Württemberg und im Bundesjugendorchester.

 

Beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert erhielt er 2009 und 2010 jeweils einen 1. Preis, 2011 und 2012 in der Ensemblewertung jeweils einen 2. Preis. 2012 errang er zudem einen 1. Preis mit Höchstpunktzahl in der Solowertung und wurde mit dem Sparkassenförderpreis des Landes Baden-Württemberg und dem Sonderpreis der Deutsche Stiftung Musikleben ausgezeichnet. 2013 folgte ein weiterer 1. Preis im Duo mit Rebekka Irion.

 

Julius Engelbach und Rebekka Irion werden im Jahr 2013 vom Landesmusikrat Baden-Württemberg als Kammermusikensemble besonders gefördert.

Teresa Kratzer, geboren 1995 in Herrenberg, begann im Alter von sechs Jahren mit dem Klavierspiel an der Musikschule in Herrenberg und wurde dort seit 2004 von Emilja Merkle unterrichtet. 2010 wechselte sie an die Stuttgarter Musikschule in die Klavierklasse von Romuald Noll. 2011 wurde sie in die Begabtenförderung und studienvorbereitende Klasse aufgenommen.

 

Bereits vor ihrem Wechsel nach Stuttgart errang Teresa mehrere 1. Preise bei Jugend musiziert auf Regional- und auf Landesebene. 2011 wurde sie beim bundesweiten Rotary Wettbewerb in Essen mit dem 3. Preis ausgezeichnet, 2013 am gleichen Ort beim – jetzt internationalen – Rotary Wettbewerb mit dem 2. Preis.

 

2012 erhielt Teresa beim 22. Nationalen Wettbewerb der musikalischen Jugend zu Ehren Robert Schumanns in dessen Geburtsstadt Zwickau den 1. Preis mit dem Prädikat „Ausgezeichnet“ in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen und konzertierte im Geburtshaus Robert Schumanns.

Im selben Jahr errang Teresa Kratzer beim Internationalen Münchner Klavierpodium als jüngste Teilnehmerin in der Altersgruppe 17 bis 25 Jahre insgesamt acht Preise: den Mediapreis, den Wolfgang Faber Preis für poetische Interpretation, den Soirée-Piano-Preis Paris, den Preis der Juniorjury, den Chance-Festival-Preis München, den Podium-junger-Solisten-Preis Tegernsee, den Otto-Widmaier-Preis München und den Vienna-Young-Pianists-Preis Wien.

Im Oktober 2012 erhielt Teresa beim Tonkünstler Wettbewerb in Stuttgart einen 1. Preis. Von der Stuttgarter Mozartgesellschaft wurde sie in einem anschließenden Konzert einer breiten Stuttgarter Öffentlichkeit vorgestellt.

2013 konzertierte die junge Pianistin bereits im Barocksaal des Tegernseer Schlosses und im Gasteig München. Im Juli gibt sie einen Klavierabend im Ehrbarsaal in Wien. Ende des Jahres wird sie im Mozartsaal der Liederhalle Stuttgart das 1. Klavierkonzert von Felix Mendelssohn-Bartholdy spielen, im kommenden Jahr bei der Konzertreihe Soirée-Piano in Paris ein Klavier-Recital geben.

Teresa ist das jüngste von sechs Geschwistern. Vor einer Woche bestand sie das Abitur am Schickhardt-Gymnasium in Herrenberg. Im kommenden Jahr wird sie ein Studium mit dem Hauptfach Klavier an einer Musikhochschule aufnehmen.

Teresa Kratzer ist im Jahr 2013 Stipendiatin des Jungen Klavierpodiums Werner Haas.

Zu den Werken

Beethoven und die 4. Violinsonate

Beethovens soundsovielte Sonate für ... weist eine Reihe von Besonderheiten auf. Mit diesem Satz beginnt fast jede Werkbesprechung des verehrten Meisters und das ist kein Zufall. Denn Beethoven hatte sich schon als ganz junger Mensch eben dieses Ziel gesetzt: sich nicht wiederholen zu wollen. Und so sind die Beethovenschen Besonderheiten eigentlich die Regel. Wie bei den in Moll stehenden Klaviersonaten nehmen auch ihre beiden Geschwister innerhalb der zehn Violinsonaten einen besonders dramatischen Verlauf.

Der 1. Satz ist von unbändiger motorischer Energie geprägt, die in einem 6/8-Presto verläuft. Presto für einen Kopfsatz zu verwenden ist für Beethoven die große Ausnahme. Auch der 6/8-Rhythmus ist in Kopfsätzen selten. Die intensive dramatische Anlage des Werkes spiegelt sich in der Länge der Durchführung. Wie immer sind alle Themen des Werkes motivisch eng miteinander verknüpft.

Der 2. Satz ist ebenfalls in Sonatensatzform konzipiert. Von den Interpreten verlangt er, die Stimmung eines langsamen Satzes mit scherzohaften Elementen zu verbinden. Das Werk wird von einem Rondo abgerundet, welches die Dramatik des 1. Satzes noch überbietet. Dem entspricht ein intensiver Einsatz kontrapunktischer Mittel. In der Tradition Mozarts, der in der Besetzung Klavier-Violine das bis dahin stets begleitende Tasteninstrument auf eine Augenhöhe mit dem Streichersolisten hob, entwickelte Beethoven in seinen zehn Violinsonaten den Klavierpart weiter und stattete ihn mit äußerst anspruchsvollen Aufgaben aus. Er veränderte, um diese Gewichtung auch im Titel schon anzudeuten, die bisherige Formulierung „Sonate für Violine und Klavier“ in nunmehr „Sonate für Klavier und Violine.“

Debussy, Les Six und Strawinsky

Während des Überganges vom 19. ins 20. Jahrhundert war Paris ein einzigartiger kultureller Schmelztiegel. Große, die Musikgeschichte der Menschheit unauslöschlich prägende Persönlichkeiten standen in engem, wechselseitigen Kontakt und beeinflussten sich gegenseitig. Debussy hatte auch mit Liszt Bekanntschaft gemacht und seine Anfänge waren zunächst rein pianistisch ambitioniert. Seine Musik greift auf die in Beethovens Pastoralsymphonie begonnene Tradition zurück, außermusikalische Eindrücke in musikalische Form zu gießen.

Debussy hat diesen ästhetischen Ansatz sicherlich vollendet. In Werken wie Poissons d’or oder Reflets dans l’eau bestimmt nicht mehr eine vorgegebene rationale Form die Musik, sondern die Form entsteht durch Beobachtung, in diesem Fall eines Naturphänomens, wobei die neu entstehende Form wiederum in höchstem Maße rational ist. Ferner integrierte Debussy auf seine ihm eigene Weise vielerlei Einflüsse, so fernöstliche Musik, die ihn auf der Weltausstellung 1889 in Paris faszinierte, aber auch die über 1000 Jahre alte Tradition des gregorianischen Gesanges, der seinerseits auf den jüdischen Tempelgesang zurückgreift. Ferner war für Debussy auch die Musik Rameaus und Couperins eine wichtige Inspirationsquelle seiner wundervoll exotischen und letztlich völlig originären Musik. Die Première Rhapsodie wurde als Wettbewerbsstück komponiert. Es lotet die Möglichkeiten der Klarinette auf bisher ungeahnte Weise aus. Debussy war mit diesem Opus übrigens selbst sehr zufrieden.

Einen eigenen Weg wiederum suchten "Les Six": Durey, Tagliaferre, Auric, Honegger, Milhaud und Poulenc. Der Name „Les Six“ entstammte einem Zeitungsartikel, in dem die Rede war von „Les Cinq Russes (gemeint waren Mussorgski, Balakirew, Cui, Rimski-Korsakow und Borodin) - Les Six Francais“. Die Gruppe wollte sich von der romantischen, aber auch impressionistischen und expressionistischen Ästhetik absetzen. Jean Cocteau schrieb: "Schluss mit den Wolken, den Wellen, den Aquarien, den Undinen und den nächtlichen Düften. Wir brauchen eine Musik, die auf der Erde steht, eine Alltagsmusik, eine vom Individuum abgelöste, objektive Kunst, die den Hörer bei klarem Bewusstsein lässt – vollendet, rein, ohne überflüssiges Ornament".

Damit sind die neoklassizistischen Überzeugungen der „Six“ treffend charakterisiert. Man suchte die klaren Formen der Vergangenheit etwa der Suite und der Sonatine, wobei auch die Inspiration von Jazz und Musikhall, Circus und Tanzmusik eine große Rolle spielte. Die Sonate für Klarinette und Klavier von Poulenc entstand 1962 als Auftragswerk für Benny Goodman. Es sollte dem Andenken an Artur Honnegger (1892-1955) gewidmet sein, aber Poulenc starb 1963 und das Werk gelangte erst nach seinem Tod durch Benny Goodman und Leonard Bernstein zur Uraufführung.

Wer von Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts spricht, darf einen Namen nicht vergessen, den des russischen Choreografen Sergei Diaghilew. Er war es, der Strawinsky mit dem Ballett in Verbindung brachte, indem er ihn mit der Komposition des „Feuervogels“ beauftragte. Die Aufführung dieses Balletts machte Strawinsky über Nacht weltberühmt. Die Inspiration durch die Begegnung mit dem Tanz hat Strawinskys Lebenslauf mit Sicherheit nachhaltig geformt, er wäre sicher ein Anderer geworden, ohne sein Eintauchen in die Welt des Balletts. Denn Strawinskys Musik lebt von einer rhythmischen Urgewalt ohnegleichen, die zugleich hochkomplexe Gebilde hervorbringt, innerhalb derer sich mehrere Aktionsebenen zu einer geheimnisvollen Einheit von überwältigender Wirkung verbinden, der sich niemand entziehen kann.

Zugleich schuf Strawinsky völlig neue Akkordkonstruktionen, die er auf dem Klavier austüftelte. Melodik – häufig aus volkstümlichen Quellen gespeist – tritt oft verfremdet auf den Plan, insofern sie sich einem übergeordneten rhythmischen Kontext unterzuordnen hat. Zu Petrouchka merkte Strawinsky an: „Als ich diese Musik schrieb, hatte ich ganz klar einen plötzlich entfesselten Hampelmann (Petrouchka) vor Augen, der mit seinen hinabstürzenden teuflischen Arpeggien die Geduld des Orchesters überspannt und nun von diesem mit drohenden Fanfaren zurechtgewiesen wird. Es folgt ein furchtbarer Tumult, der – auf seinem Höhepunkt angekommen – mit der schmerzhaften und kläglichen Niederlage des Hampelmannes endet.“

Ursprünglich war Petrouchka als Konzertstück für Klavier und Orchester konzipiert, aber Diaghilew überredete Strawinsky zur Umarbeitung in eine Ballettsuite. Arthur Rubinstein schließlich überzeugte Strawinsky, den Stoff noch einmal für Soloklavier zu bearbeiten. So entstand eines der faszinierendsten Klavierwerke, welches von ungeheuerer Virtuosität und Schwierigkeit und einem unerschöpflichen Farbenreichtum geprägt dem Interpreten alles abverlangt.

Schumann und die Humoreske

„Die ganze Woche saß ich am Klavier, komponierte und schrieb, lachte und weinte, alles zur gleichen Zeit.“ So beschrieb Schumann seine Arbeit mit der Humoreske.

„...wenig lustig, und vielleicht mein Melancholischstes“, nennt Schumann dann das fertige Werk. Es liegt auf der Hand, dass die Bedeutung von Humor sich seit der Zeit Schumanns gewandelt hat. Für Schumann ist Humor „die glückliche Verschmelzung von Gemüthlich, das Schwärmerische und Witzig“, wie aus einem seiner Briefe hervorgeht. Und so sind also Melancholie, Gemütlichkeit und Schwärmerei Dimensionen, die in der Humoreske intensiv verarbeitet sind, aber das Weinen wird eben auch durch das Lachen gebrochen und es gibt viel zu Lachen in diesem Werk, es wird getanzt und gepoltert, Akzente purzeln chaotisch unter und übereinander, traute Intimitäten werden peinlich laut gestört...

Romuald Noll, 2013

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